Bodenseekreis: Tuning World: Tiefergelegt bis zum Reifenschaden | SÜDKURIER

2022-07-15 18:36:51 By : Ms. helen hong

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Auf dem Vorplatz eines Obsthofs in Eriskirch herrscht am Donnerstagmittag trotz Feiertag reges Treiben. Mehrere Fahrzeuge stehen hier zwischen den Obsttransport-Lkw, eines davon hat keine Kennzeichen mehr. Ein weiteres Auto wird noch genauer inspiziert, während der Fahrer beteuert, dass er nicht der Besitzer sei, von getunten Teilen keine Kenntnis habe.

Mehrere Dutzend Polizisten sind an der Kontrollstelle nahe der Messe Friedrichshafen, wo aktuell die Tuning World Bodensee stattfindet, im Einsatz. Die meisten von ihnen gehören einem sogenannten Kompetenzteam an. Polizeipräsident Uwe Stürmer zufolge kommen hier von unterschiedlichen Revieren Fachleute zusammen, die sich rund ums Thema Tuning ständig weiterbilden. Man dürfe die Sache nicht unterschätzen, die Thematik sei komplex.

Auch Gabi Evers, Leiterin der Verkehrspolizei beim Polizeipräsidium Ravensburg, betont: „Jemand, der sein Auto technisch tunt und sich damit auskennt, merkt sofort, ob jemand Ahnung hat. Dafür haben wir dann eben spezialisierte Kräfte. Hier ist wirklich Fachwissen gefragt.“ Da gebe es einen merklichen Unterschied zwischen den Spezialisten und den Generalisten auf Streife. „Die haben auch das Gehör dafür und ein Gespür, wo sie genauer hinschauen müssen“, sagt Evers.

Markus Thumfart aus Bayern ist einer dieser Spezialisten. Er erinnert sich schmunzelnd an seine erste Kontrolle an diesem Vormittag: „Das war jemand aus meinem Gebiet.“ Irgendwie sei ihm der Herr obendrein bekannt vorgekommen. So habe er die Kollegen aus dem Allgäu kontaktiert, das Ergebnis: „Wir haben ihn vor genau einem Jahr wegen desselben Verstoßes geahndet“, führt Thumfart aus. Es handle sich um eine modifizierte Abgasklappe, die das Fahrzeug lauter werden lasse. Diese sei nach dem damaligen Bußgeld rückgebaut, inzwischen aber offensichtlich wieder angebaut worden. „Das wird dann jetzt wohl doppelt so teuer“, kommentiert er.

Auch bei einem weiteren Fahrzeug wird die Auspuffanlage näher untersucht. Eine Lärmmessung ergibt jedoch, dass sich die Lautstärke ganz exakt an der erlaubten Grenze bewegt. Apropos Grenzen: Genau darum geht‘s den Tunern nach Thumfarts Erfahrungen. „Es geht darum, sich von den anderen Tunern abzusetzen. Dafür gehen einige an die Grenze des Legalen.“ Am schwierigsten zu vermitteln sei das Thema Lärm. „Wenn ich Tuner darauf anspreche, sagen die mir: ‚Wieso, das hört sich doch super an!‘ Und können oft gar nicht verstehen, dass andere von lauten Fahrgeräuschen genervt sind.“

Richtig kostspielig könnte es etwa für den Inhaber eines Autos mit Schweizer Zulassung werden, welches gerade auf einen Abschleppwagen geladen wird. „Sein Fahrwerk ist nicht eingetragen“, erklärt Thumfart. Auch wirke es so, als sei das Fahrzeug zu stark tiefergelegt worden, der Reifen scheine am Radkasten zu schleifen. „Im schlimmsten Fall platzt er dann“, erläutert der Polizist. Hier vermutet er ein mangelndes Bewusstsein für das Risiko bei Tunern, die solche Änderungen vornehmen. Stelle sich bei der Prüfung durch einen Gutachter heraus, dass doch alles in Ordnung und das neue Fahrwerk verkehrssicher ist, werde der Fahrzeuginhaber allerdings nicht geahndet. „Ins Schweizer Zulassungsrecht mischen wir uns nicht ein“, erklärt er.

Mit dem Abschleppwagen sind Michael Ernzerhoff und Friedrich Wagenblast im Einsatz. Ernzerhoff hält die Tragegurte, damit das Fahrzeug vom Boden abhebt, ohne anzuecken. Ob dieser Feiertagsdienst sich von ihrem normalen Berufsalltag unterscheide? „Es ist definitiv spannender, man sieht ganz andere Autos“, findet Wagenblast. Ernzerhoff betont: „Und es ist schöner, weil wir mal keine kaputten Fahrzeuge mitnehmen.“ Beim aktuellen Einsatz müssten sie allerdings dafür besonders vorsichtig sein; da dürfe es keine Schrammen geben.

Etwas abseits des Geschehens sind Melanie Tegge und Schäferhund Ekki im Einsatz. Der Hund gehört dem Zoll, sie kümmert sich als Hundeführerin um ihn, Ekki wohnt auch bei ihr. An diesem Tag hält sie Ausschau nach auffälligen Fahrzeugladungen und auffälligen Reaktionen auf ihre Präsenz und lässt den vierjährigen Schäferhund dann die Fahrer nach Rauschgift durchsuchen. „Fünfmal war er heute Morgen schon im Einsatz“, sagt sie.

Polizeipräsident Stürmer lobt die Zusammenarbeit des Teams vor Ort, zwischen Zoll, örtlicher Polizei und deren bayerischen und österreichischen Kollegen: „Es ist auch toll zu erleben, wie die Kollegen sich sofort austauschen und zu fachsimpeln beginnen, wenn sie zusammentreffen.“ So gehe die fachliche Weiterbildung weit über die regulären Schulungen hinaus und das sei auch notwendig.

Grundsätzlich gebe es hier vor Ort drei Umgangsweisen mit Verstößen: Bei einem einfachen Normverstoß gebe es ein Ordnungsgeld zu entrichten, das Fahrzeug dürfe aber weiterfahren. „Dann gibt es Fahrzeuge, die haben etwa Spoiler, die abfallen könnten, was die Verkehrssicherheit gefährdet“, erläutert er. Diese Autos würden dann in Polizeibegleitung zur Wache gebracht und dort weiter inspiziert. In die dritte Kategorie fielen Fahrzeuge, an deren Lenkung oder Bremsen manipuliert worden sei. „Keinen Meter“ dürften die weiterfahren, „never ever“. Diese Autos würden daher sicherheitshalber sofort stillgelegt und nur mehr mit dem Abschleppwagen bewegt.

Auf der Bundesstraße 31 gerät der Verkehr immer wieder ins Stocken. Auffällige Fahrzeuge und auffälliges Fahrverhalten führen dazu, dass einzelne Autos herangewunken werden. Manche davon dürfen nach einer kurzen Kontrolle der Fahrzeugpapiere direkt wieder weiter. Nur bei Unklarheiten werden sie auf dem Obsthof-Gelände näher inspiziert. Oliver Weißflog, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg, erklärt: „Der Kollege vorn an der Straße muss flott sein. Zu lange können wir den Verkehr hier nicht aufhalten.“ Spezialwissen helfe dabei, entsprechende Fahrzeuge dementsprechend schnell zu identifizieren.

Die Messe Tuning World Bodensee findet bis einschließlich Sonntag, 29. Mai in Friedrichshafen statt. Die Öffnungszeiten sind täglich von 10 bis 18 Uhr, Tickets gibt es ausschließlich online im Vorverkauf. Das Polizeipräsidium Ravensburg hat angekündigt, die Messetage mit flankierenden polizeilichen Kontrollmaßnahmen begleiten. Dabei werde einerseits ein Augenmerk auf den ordnungsgemäßen und regelkonformen Zustand der Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr gelegt werden, andererseits stehe auch die Fahrtüchtigkeit der jeweiligen Fahrzeuglenker im Mittelpunkt der Überprüfungen.

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